Kosten für das Pflegeheim: Soll man das Haus den Kindern schenken?

Pflegebedürftigkeit betrifft immer mehr Menschen irgendwann in ihrem Leben. Medial boomt das Thema. Der Beitrag zeigt: Es besteht kein Grund zur Panik. Allerdings sind die drohenden Pflegekosten allemal hoch genug, um sich frühzeitig damit zu befassen, wie man sie vermeiden kann. Dabei zeigt sich: Starre gesetzgeberische Grenzen (sowohl in zeitlicher Hinsicht wie auch bzgl. der Einkünfte) ermöglichen Gestaltung. Wie immer gilt: Je früher der potentiell Pflegebedürftige Vorsorge trifft, desto besser!

Fallen Kosten für das Pflegeheim an, werden diese von der gesetzlichen Pflegeversicherung einerseits und andererseits vom zu Pflegenden selbst bezahlt. In Berlin fallen dabei im Schnitt 3.100 € Eigenanteil für das Pflegeheim an. In anderen Bundesländern ist der Eigenanteil ähnlich hoch. Der Eigenanteil sinkt jedoch von Jahr zu Jahr, da der Anteil des Zuschusses der Pflegeversicherung von Jahr zu Jahr steigt (beträgt der Anteil im ersten Jahr 15%, so sind es im dritten Jahr bereits 50% und nach 36 Monaten 75%), §§ 43, 43c SGB XI.

Grundsatz: Wer gepflegt wird, trägt die Kosten selbst.

Wer keine private Zusatzversicherung hat, für den gilt: Decken die Einkünfte (Rente, Mieteinnahmen etc.) des zu Pflegenden diesen Eigenanteil nicht, muss er sein Vermögen angreifen. Das heißt: Solange Vermögen vorhanden ist, muss der zu Pflegende auch zahlen. Dem kann begegnet werden, indem das Vermögen rechtzeitig verschenkt wird. In dem Fall können jedoch der Partner oder die Kinder des Beschenkten pflichtig werden, für den Pflegebedürftigen zu bezahlen. Das gilt ebenso, wenn Vermögen nie vorhanden war. Nur wenn der Pflegebedürftige weder Einkünfte noch Vermögen hat und auch keine Dritten herangezogen werden können, übernimmt das Sozialamt die Pflegekosten („Hilfe zur Pflege“).

Ist es dem Pflegebedürftigen nicht gelungen, sein Vermögen rechtzeitig zu verschenken und kann es demnach zur Deckung des Eigenanteils herangezogen werden, müssen Wege gefunden werden, um zu retten, was zu retten ist.
Anders als es medial vielfach anklingt, besteht kein Grund zur Panik. Sehr selten werden die Pflegekosten das gesamte vorhandene Vermögen aufzehren. So beträgt die durchschnittliche Verweildauer im Pflegeheim „nur“ 25 Monate, sodass der Eigenanteil eine Summe von 100.000 € nur in den seltensten Fällen überschreiten dürfte. In der Regel dürfte der Betrag erheblich darunter liegen. Motivation, dieses Geld nicht für ein Pflegeheim ausgeben zu müssen, dürfte so oder so genug bestehen.

Das Eigenheim - Besteht das Vermögen in einem Eigenheim, und wurde dieses nicht rechtzeitig verschenkt, muss es trotzdem nicht zwingend verkauft werden. Ein Verkauf wird in aller Regel auch nicht sinnvoll sein, da die Pflegekosten selten dem Wert einer Immobilie entsprechen werden.
Möglich ist zunächst eine Vermietung durch den Pflegebedürftigen, um das Pflegeheim zu bezahlen.
Zu beachten ist daneben, dass die Immobilie nach Maßgabe § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII – einschlägig im Wesentlichen dann, wenn unterhaltspflichtige Personen ein Haus angemessener Größe bewohnen – in das Schonvermögen fällt, sodass eine Immobilie auch dann nicht verwertet werden muss.
Der Zuschuss zur Pflege durch das Sozialamt wird in diesem Fall als zinsloses Darlehen gewährt. Dieses wird durch die Eintragung einer Grundschuld gesichert. Das Darlehen muss dann nach dem Tod des Erblassers von den Erben zurückgezahlt werden. Es ist in der Regel möglich, mit dem Sozialamt – je nach Leistungsfähigkeit der Erben – eine Stundung oder Ratenzahlung zu vereinbaren, wiederum gesichert durch die Grundschuld.

Wann ist das Vermögen „rechtzeitig“ verschenkt?

Besser ist der Fall, dass erst gar kein Vermögen vorhanden ist. Wer kein Vermögen hat, weil er es rechtzeitig verschenkt hat, der kann auch nicht mit seinem Vermögen aufkommen. Zwingend zu beachten ist § 528 Abs. 1 BGB. Dieser erlaubt es dem Schenker, zehn Jahre lang das Geschenkte zurückzufordern, wenn er verarmt. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn er seinen „angemessenen Unterhalt“ nicht mehr bestreiten kann.
Kommt der Schenker ins Pflegeheim und kann seinen Eigenanteil nicht bezahlen, fordert das Sozialamt ihn auf, das Geschenkte zurückzufordern. Das funktioniert auf den Tag genau zehn Jahre lang. Nach dem Ablauf von zehn Jahren braucht eine Rückforderung nicht gefürchtet zu werden.

Nicht verwechseln (und doch relevant): Schenkungssteuerliche Freibeträge - Damit nicht zu verwechseln ist die – ebenfalls zehnjährige – Frist im Rahmen der Schenkungssteuerfreibeträge. Mittlerweile ein Klassiker: Die Vorwegnahme der Erbfolge durch Schenkung unter Lebenden mit dem Ziel die Erbschaftssteuer zu sparen. Die konkreten Schenkungssteuerfreibeträge hängen vom Verwandtschaftsverhältnis von Schenker und Beschenktem ab und erlauben es, alle zehn Jahre 500.000 € an seinen Ehepartner, 400.000 € an seine Kinder und 200.000 € an seine Enkelkinder, sofern deren Eltern noch leben, zu verschenken.

Ein Rechenbeispiel im typischen Eltern-Kind-Verhältnis: Verschenken beide Elternteile je 400.000 € an ihre zwei Kinder, können in einem Zehnjahresintervall 1.600.000 € verschenkt werden, ohne, dass dafür Schenkungssteuer anfällt. Verstirbt sodann der Vater, kann die Mutter im nächsten Zehnjahresintervall jeweils 400.000 € an ihre zwei Kinder verschenken, sodass insgesamt 2.400.000 € im Rahmen des Schenkungssteuerfreibetrags verschenkt werden konnten. Beide Zehnjahresfristen haben im Grundsatz nichts miteinander zu tun. Ist das Vermögen allerdings so groß, dass es nicht im Rahmen der Freibeträge in einem Zehnjahresintervall verschenkt werden kann oder sind schlicht zu wenige Personen (und damit vielleicht nur ein oder zwei Schenkverhältnisse) vorhanden, so ist entsprechend früher anzufangen; denn auch wenn eine Rückforderung wegen Verarmung nach zehn Jahren ausgeschlossen ist, sollte vermieden werden, dass gleichwohl Schenkungssteuer anfällt, da die entsprechenden Freibeträge überschritten wurden.

Möchte z.B. ein alleinstehender Elternteil ein bewohntes Einfamilienhaus an sein einziges Kind verschenken (ist ggf. gar noch ein Aktiendepot vorhanden), so ist schnell ein Wert erreicht, der eine vollständige Übertragung innerhalb eines Zehnjahresintervalls unmöglich macht. Es sollte also entsprechend früher angefangen werden.

Schonvermögen - Möchte der Pflegebedürftige „Hilfe zur Pflege“ beantragen, bleibt jedenfalls ein Schonvermögen von nur 10.000 €, § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 BarbetragsVO. Pro Paar sind das 20.000 €.

Nicht angegriffen werden muss darüber hinaus ein staatlich geförderter Altersvorsorgevertrag (wie etwa eine Riester-Rente) sowie eine angemessene Bestattungsvorsorge oder Sterbegeldversicherung. Ebenfalls erhalten bleiben darf ein eigenes Auto, dessen Wert angemessen ist.

Der Partner - Hat der Pflegebedürftige selbst kein Vermögen (mehr), weil er es verbraucht, rückforderungsfest verschenkt hat oder weil es nie vorhanden war, so ist zunächst der Partner einstandspflichtig. Dies gilt auch dann, wenn der Pflegebedürftige Kinder hat.
Einstandspflichtig ist sowohl der Ehepartner (unabhängig vom Güterstand) als auch der unverheiratete Partner, wenn beide zusammenwohnen und den Lebensunterhalt gemeinsam bestreiten. Die Einstandspflicht besteht mit dem Einkommen und mit dem Vermögen.

Der Partner muss über den Schonbetrag hinaus bis zu einem Garantiebetrag einstehen; dieser entspricht der Grundsicherung. Im Jahr 2025 beträgt der Regelbedarf 563 Euro pro Monat, hinzu kommen die Wohnkosten mitsamt Heizung sowie ein vom Sozialamt nach freiem Ermessen zu bestimmender Zuschlag von bis zu 20%. Weiterhin werden Partner von Pflegebedürftigen in der Regel bzgl. abgeschlossener Versicherungen geschont.

Elternunterhalt - Reichen Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen nicht zur Deckung der Pflegekosten aus und hat er auch keinen einstandspflichtigen Partner, können die Kinder des Pflegebedürftigen unterhaltspflichtig sein, § 1601 BGB. Eine Unterhaltspflicht des Kindes besteht allerdings erst ab einem Brutto-Einkommen von 100.000 €, § 94 Abs. 1a SGB XII. Gemeint ist das Gesamteinkommen gem. § 16 SGB IV (nicht bloß das Erwerbseinkommen). Erfasst sind demnach u.a. auch Mieteinkünfte.
Existieren mehrere Kinder, ist aber nur eines entsprechend leistungsfähig, so hat auch nur dieses Kind seinen entsprechenden Anteil zu leisten.
Genügt das Einkommen des Pflichtigen Kindes nicht, kann es dazu kommen, dass es auch mit seinem Vermögen, vorbehaltlich Schonvermögen, für den Elternunterhalt einzustehen hat.
Schwiegerkinder haften grundsätzlich nicht für die Schwiegereltern. Allerdings kann es durch die Berücksichtigung des individuellen Familienbedarfs zu einer faktischen Schwiegerkind-Haftung kommen (BGH vom 05.02.2014, XII ZB 25/13 Rn. 32).

Es ist dann unter Umständen sinnvoll, die starre Grenze von 100.000 € durch eine gezielte Gestaltung zu unterschreiten. Dafür kann es Sinn machen, vermietete Immobilien frühzeitig wiederum an eigene Kinder zu verschenken (also an die Enkelkinder des Pflegebedürftigen), sodass die Mieteinnahmen nicht bei einem selbst anfallen. In dem Fall ist unbedingt an die Einräumung von Nießbrauchs- oder Wohnrechten zu denken. Ebenso wie eine Immobilie kann auch ein Wertpapierdepot frühzeitig an die eigenen Kinder übertragen werden. Schließlich mag sich für den Gutverdiener bzw. Vermögenden eine überraschende Lösung eröffnen: Die Reduzierung der Arbeitszeit und damit des Lohns.

Autoren

Ulrich Schellenberg, Arne Nis Meyn

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